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Das Leben der anderen – wenn Coronaleugner demonstrieren

Portrait Dr. Jürgen Schneider
Dr. Jürgen Schneider
Foto: rba

Berlin (kobinet) Dr. Jürgen Schneider übersandte uns diese Meinung, die wir gern hier veröffentlichen.

Auch Coronaleugner dürfen demonstrieren, dieses Grundrecht ist auch diesen Menschen nicht zu verwehren. Die Frage ist allerdings, wie dürfen sie demonstrieren?

Keiner sollte ihnen dabei die sich selbst diskreditierenden Sprüche, ob aus dem rechten oder esoterischen, verschwörungstheoretischen Spektrum auf Plakaten, Fahnen oder Bannern, verwehren, sofern sie nicht gegen Gesetze verstoßen.

Darf es aber möglich sein, dass eine Demonstration oder eine Kundgebung gegen alle bestehenden Hygieneregeln verstößt, ja diese im wahrsten Sinne des Wortes demonstrativ verhöhnt.

Nein, so etwas scheint wirklich nur in Berlin möglich zu sein und dafür nehmen die Veranstalter auch den weiten Weg aus dem Ländle in Kauf.

Ja ich habe Angst vor solchen Menschen, aber auch ein wenig vor denen, die sie gewähren lassen und auch vor dem was sie anrichten können. Angst auch vor dieser immer noch rätselhaften Krankheit mit den unkalkulierbaren Spätfolgen auch für jüngere Menschen, Angst aber vor allem vor dieser Art des Sterbens, oft von Überlebenden als eine Art des Ertrinkens beschrieben. Angst vor der Atemnot, durchaus vertraut und gefürchtet aus der Zeit eines vorübergehenden Asthmaleidens.

Kaum jemand denkt an oder fühlt mit den Opfern dieser furchtbaren Krankheit, die uns vorwiegend als tägliche Statistik begegnet und jetzt von mindestens 20 Tsd. Menschen öffentlich geleugnet wurde.

Mit dem nahen Ende der Sommerferien in einigen Bundesländern dürfte sich die Zahl der täglichen Neuinfektionen mit dem immer noch neuartigen Virus stetig steigern.

Wie weiter, wenn die Schulen demnächst wieder den Vollbetrieb aufnehmen und die lange geübte Hygienedisziplin sinkt. Wie weiter, wenn der Rechtstaat seine Bußgeldregeln nicht durchsetzt und auch andere wichtige Akteure im Kampf gegen die Pandemie auf falsche verstandene Toleranz setzen, bzw. ihre Unfähigkeit dahinter verbergen, wie z. B. die Deutsche Bahn, die es bis jetzt, trotz aller Beteuerungen, bei Ermahnungen belässt und zwar 300 Tsd. Masken verteilt, das korrekte Tragen aber nicht sicherstellt. So auch die Berliner Verkehrsbetriebe die akribisch 30 Tsd. Verstöße registriert, aber nur 200 Personen zur Kasse bittet.

Dieser negative „Erziehungsprozeß“ wird unter Umständen mit dazu beitragen, dass eine zweite Welle fast unausweichlich erscheint, nicht aber ein zweiter allgemeiner Lockdown. Stattdessen würden dann ausschließlich Maßnahmen zum Schutz der besonders gefährdeten Personengruppen ergriffen.

Senioren, Vorerkrankte und Menschen mit Behinderungen würden die negativen Früchte einer falsch verstanden Toleranz ernten und auf unabsehbare Zeit in die Isolation gedrängt werden.

Dies muss unter allen Umständen verhindert werden und deshalb hoffe ich, dass der „ Hochmut der davongekommenen (Coronaleugner)“ (Ernst Bloch) vor ihrem Fall gekommen ist und alle klugen, vernünftigen und solidarischen Menschen sie rechtzeitig in die Schranken weißen.

Lesermeinungen

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2 Lesermeinungen
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04.08.2020 19:58

Dr. Schneider ist umfänglich zu zu stimmen. Was wir da in Berlin erlebt haben, ist einfach ein komplettes Versagen des politischen Establishments. Warum stellt sich dieses – weitgehend in Berlin sitzend – nicht mal vor die Polizei? Dienstsitz der Kanzlerin ist Berlin, gleiches gilt für den Vizekanzler, den Innenminister (als oberstem Dienstherren) und auch für den Bundespräsidenten! Manchmal muss man eben auch dahingehen, wo es dreckig ist und stinkt (weiß jetzt nicht, ob das Gabriel oder Müntefering war)…
In so einer Lage muss man mal Flagge bekennen und nicht 2 Tage später die stellvertretende Regierungssprecherin irgendwas erläutern lassen! Nur Frau Esken hat relativ schnell mal die Zähne auseinander bekommen – jetzt reden alle über die Wortwahl (als hätte sie Covidioten erfunden)…
An einer Stelle hätte ich noch einen Verbesserungsvorschlag: Es kann ja wohl kaum darum gehen, dass man Menschen, die für mehrere hundert Euro nach Berlin reisen um sämtliche Corona-Regeln zum Teufel zu jagen, mit einem Bußgeld von ein paar € abfertigt (Nichteinhalten des Abstandsgebots kostet in Berlin ab 25€, fehlende Masken ab 50€ – die Höchstsätze von jew. 500€ dürften wohl kaum verhängt werden, weil alle das gemacht haben und die Polizei zugeschaut hat…) – die lachen darüber doch nur (da ist ja Schwarzfahren teurer)!
Im Ordnungswidrigkeiten-Gesetz (OWiG) gäbe es durchaus die Möglichkeit, dass man – und zwar unter dem Aspekt der erzieherischen Wirkung, der bei diesen Ignoranten kaum wg. ein paar € eintreten dürfte – statt eines Bußgeldes direkt Sozialstunden verhängt. Die Kliniken und Altenheime freuen sich sicherlich über zusätzliches Personal, welches ggf. Coronaviren-kontamiertes Material entsorgt und Hygienestandards umsetzt – wäre gegenüber Personen, die Corona und/oder dessen Gefährlichkeit leugnen noch nicht mal unangemessen (womit sollte denn ein Widerspruch gegen eine solche Maßnahme begründet werden?).

Reigbert
04.08.2020 15:13

Hervorragend! Vielen Dank für diesen vorzüglichen Kommentar! Der gehört in alle großen Medien!